BKA ermittelt immer häufiger wegen Beleidigungen im Internet

17. September 2012 von Sebastian Schulte

Wissen Sie, was sich im Internet alles über Sie herausfinden lässt? Wahrscheinlich nicht. Und genau da beginnt das Problem. Denn wie der Fall Bettina Wulff zeigt, kann das durchaus unappetitlich sein.

Im Web kursieren Inhalte, die den Ruf einer Person nachhaltig schädigen können. Mal sind es fiese Gerüchte über einen Klassenkameraden, die in verwackelten Youtube-Videos in Umlauf gebracht werden, mal wird der Ex-Partner via Facebook und Twitter verunglimpft. Sich still und heimlich darüber zu ärgern, hilft den Opfern kaum. Zumal negative Einträge über Suchmaschinen wie Google & Co. noch Jahre später problemlos einsehbar sind. Doch wie soll man sich verhalten?

Grundsätzlich gilt: Die Onlinewelt ist kein rechtsfreier Raum. Wer andere aufs Gröbste beleidigt, macht sich strafbar. „Im Internet werden besonders häufig Persönlichkeitsrechte verletzt“, berichtet der auf IT-Recht spezialisierte Fachanwalt Tobias H. Strömer. „Der Verletzte kann in solchen Fällen Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch herleiten.“

Zu unterscheiden ist hier jedoch zwischen Tatsachenbehauptungen und Werturteilen. „Tatsachenbehauptungen sind einem Beweis zugänglich“, erklärt Strömer. Heißt: Sie sind entweder richtig oder falsch. „Demgegenüber zeichnen sich Werturteile dadurch aus, dass sie bloße Meinungsäußerungen darstellen.“ Da die Meinungsfreiheit durch das Grundgesetz (Artikel 5) geschützt ist, können Werturteile folglich sogar dann zulässig sein, wenn sie wenig schmeichelhaft sind. Strömer: „Eine unangenehme Aussage, die nachweislich weder falsch ist noch eine ehrverletzende Schmähkritik enthält, muss der Betroffene dulden.“

Das Bundeskriminalamt verzeichnete im vergangenen Jahr 7.439 Beleidigungen im Internet – ein Anstieg von 13 Prozent im Vergleich zu 2010. Laut BKA-Statistik ermittelten die Beamten zudem in fast 2.000 Fällen, in denen Menschen über das Web bedroht wurden. Bei diesen Zahlen handelt es sich nur um die tatsächlich auch angezeigten Delikte. Die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher liegen. So berichten Medien, dass bereits jeder vierte Nutzer eines Sozialen Netzwerks mit Beleidigungen oder Bedrohungen in Berührung gekommen ist.

Bevor man sich für eine Anzeige bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft entscheidet, ist es ratsam, sich an den Betreiber (Administrator) der jeweiligen Website zu wenden. Strömer: „Sobald dieser über einen unzulässigen Eintrag informiert wird, muss er ihn unverzüglich löschen.“ Das gelte auch für Fotos von Personen, die ohne deren Einwilligung veröffentlicht werden. Wichtig sind Beweise. Betroffene sollten deshalb Screenshots anfertigen, am besten inklusive Datum und Uhrzeit.

Die Chance, dass die Urheber etwaiger Pöbeleien gefasst werden, ist gar nicht einmal so klein. Selbst diejenigen, die unter einem Fantasienamen surfen, geben in der Regel nämlich vielfältige Informationen über sich Preis. Computerexperten können etwa anhand der IP-Adressen die wahre Identität anonymer Schmierfinken enttarnen.

Bei schwerwiegenden Verstößen kann das Opfer vom Täter ein Schmerzensgeld verlangen. Die deutsche Rechtsprechung zeigt sich beim Festlegen der Strafe bisher allerdings deutlich milder als die Gerichte in anderen Ländern. Das Landgericht Berlin hat jüngst beispielsweise den Rapper Bushido zur Zahlung von 8.000 Euro verurteilt, nachdem dieser sich u.a. auf seiner MySpace-Seite extrem abfällig über eine ehemalige Bewohnerin des Big-Brother-Containers geäußert hat. Gefordert hatte die Klägerin 100.000 Euro.

„Die zuerkannten Ersatzansprüche belaufen sich hierzulande meist auf bis zu 10.000 Euro“, verrät Rechtsanwalt Strömer. „Nur in Ausnahmefällen liegen die Schmerzensgeldbeträge höher.“ Spektakuläre Millionensummen, wie sie bisweilen in den USA für Schlagzeilen sorgen, sind hierzulande also vorerst nicht zu erwarten.

Kategorie: Sicherheit

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