Mit dem grafischen Charme eines C64 Startbildschirms und der damals für Privatleute noch futuristisch anmutenden Möglichkeit digitaler Online-Interaktion, startete im September 1983 offiziell der sogenannte Bildschirmtext (Btx) der staatlichen Deutschen Bundespost Abteilung Fermeldewesen. Vieles, was heute für uns selbstverständlich im Internet stattfindet, konnte auch damals schon gemacht werden. Die prominentesten Beispiele dafür sind das Online-Banking, das Online-Shopping und natürlich aktuelle Nachrichten sowie Kommunikation über Kurznachrichten.
Eine dezentrale Struktur, wie wir sie vom Internet kennen, existierte allerdings nicht. Die Seiten wurden von den Anbietern oder entsprechenden Dienstleistern erstellt und dann auf zentrale Computersysteme der Bundespost übertragen. Es war zwar auch möglich, einen eigenen Rechner für seine Btx-Seiten zu betreiben, die Kommunikation lief aber trotzdem immer zuerst über die Systeme der Bundespost und wurde dann weitergeleitet. Zugangsseitig benötigte man entweder ein Btx-Terminal (Bildschirm mit Btx-Decoder und Eingabegerät) oder einen separaten Btx-Decoder, den man an ein vorhandenes Fernsehgerät anschließen konnte. Der Zugang über einen entsprechend ausgestatteten Computer war ebenfalls eine Option. Die Übertragung erreichte eine gemächliche Geschwindigkeit von 1200 Bits pro Sekunde in Empfangsrichtung und 75 Bits pro Sekunde in Senderichtung.
Gesetzliche Hürden verhinderten zunächst eine Einführung von Btx in Deutschland, das bereits auf der IFA 1977 von Postminister Kurt Gscheidle vorgestellt wurde und unter den Namen „Viewdata“ bzw. später „Prestel“ in Großbritannien bereits verfügbar war.
Die Grundgebühren waren gegenüber späteren Internet-Zugängen mit einer monatlichen Anschlussgebühr von 8 DM und einer Nutzungsgebühr von 4 DM zusätzlich zum Telefonanschluss recht günstig. Im Gegensatz zum Internet gab es im Btx aber viele Anbieter, die für die Nutzung ihrer Seiten zusätzliche Kosten von bis zu 9,99 DM pro Aufruf in Rechnung stellten. Auch Btx-Dekoder waren in der Anfangszeit mit Preisen ab 2.000 DM sehr teuer.
Außerdem gab es auch früher schon Diskussionen um die Sicherheit des Bezahlsystems bei Btx. 1984 erstellten Mitglieder des Chaos Computer Club eine kostenpflichtige Btx-Seite, die pro Aufruf Kosten von 9,97 DM verursachte. Durch eine Sicherheitslücke gelangten sie an die Nutzerdaten der Hamburger Sparkasse. Von dieser Nutzerkennung rief der CCC die Seite unzählige Male auf und kam so in einer Nacht auf eine Summe von 134.000 DM, die die Sparkasse theoretisch hätte entrichten müssen. Dieser Angriff betraf allerdings nur das Bezahlsystem für Seitenaufrufe, nicht das Online-Banking.
BTX-Broschüren von 1&1
Immer mehr Inhalte ergänzten das System und machten es zu einer attraktiven, stets aktuellen Informationsquelle. Es gab unter anderem ein Telefonbuch, Online-Shopping von Neckermann, Otto und Quelle, Reisebuchungen von TUI, Börsenkurse in Echtzeit, einen Weltflugplan der Lufthansa sowie Buch- und Musikverzeichnisse oder Fahrpläne der Bahn. Nachrichten mit anderen Nutzern konnte man auch austauschen. Selbst Spiele waren bereits verfügbar, erinnert sich Michael Frenzel, einst selbstständiger IT-Berater: „Wir haben damals Börsenspiele für die Wirtschaftswoche und Capital programmiert. Das nötige Equipment hat ein Schweinegeld gekostet.“
Durch den Btx-Staatsvertrag war es der Bundespost aber seinerzeit nicht erlaubt, diese umfangreichen Angebote aktiv zu bewerben. Hier nutze die damalige 1&1 Telekommunikations GmbH im Jahre 1992 ihre Chance und startete eine Marketing-Initiative für Btx in der Computer Fachpresse. Computer-Magazinen wurden Flyer beigelegt, die unter dem Titel „Hier sind 60 von 3.000 hervorragenden Angeboten in Btx“ den hohen Nutzwert von Btx anpriesen. Leider kam Btx trotzdem nie auf die angestrebten Nutzer-Zahlen von mehreren Millionen.
Das änderte sich auch nicht, als der Dienst mit neuer Technik im Hintergrund in Datex-J umbenannt wurde. Erst als ein neues Angebot unter dem Namen T-Online Btx mit einen Internet-Zugang verband, stiegen die Nutzer-Zahlen deutlich an. Btx wurde noch lange für Online-Banking genutzt, weil die entsprechenden Angebote im Internet noch nicht sicher und ausgereift waren. 2001 wurde Btx offiziell eingestellt, manche Banken nutzen es allerdings noch bis 2007 für ihre Online-Transaktionen.
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