Elektronische Nachrichten landen schnell beim Empfänger (Bild: VRD/Fotolia)
Liebesbotschaften offenbaren unsere intimsten Gedanken und Gefühle. Während sie früher auf dem klassischen Postweg versendet wurden, nutzen heute immer mehr Menschen elektronische Medien, damit ihre Nachricht möglichst schnell beim Empfänger landet. Wie vor allem die E-Mail dieses romantische Genre belebt hat und warum sie als Musterbeispiel für eine neuerwachte Schriftlichkeit gelten kann, untersucht Eva Lia Wyss. Die Professorin für Sprachwissenschaft lehrt seit 2012 an der Universität Koblenz-Landau.
Was ursprünglich als Forschungsprojekt zum Liebesbrief im 20. Jahrhundert geplant war, konnte in weit größere Dimensionen entwickelt werden, berichtet Eva Lia Wyss. Über gezielte Inserate in deutschsprachigen Zeitungen erhielt sie die ersten Zuschriften. Mittlerweile platzt das Archiv der Professorin fast aus den Nähten. Rund 8.000 Exemplare umfasst die Sammlung. Jede Nachricht wird katalogisiert, signiert und dann in einer Datenbank gespeichert.
Mehr als 1.000 Liebesmails wurden Eva Lia Wyss bereits zur Verfügung gestellt. Tendenz? Stetig steigend! Die digitalen Botschaften stehen für das, was Fachleute als „mündliche Schriftlichkeit“ bezeichnen. Sie orientieren sich am gesprochenen Wort, wirken nicht so förmlich, wie beispielsweise Briefe aus dem 19. Jahrhundert. So nutzen die Verfasser Smilies und lockern ihre Zeilen mit Akronymen wie LOL (Laughing Out Loud, dt. laut auflachen), CU (See You, dt. bis dann) oder OMG (Oh My God, dt. oh mein Gott) auf.
Eva Lia Wyss
Aufbau und Struktur
Die Geschwindigkeit, mit der Nachrichten online ausgetauscht werden können, fördert jegliche Form der Unterhaltungen, betont Eva Lia Wyss. Die Forscherin: „Es wird heute wohl so viel geschrieben, wie noch nie zuvor.“ Aufbau und Struktur vieler Mails erinnere dabei noch an handschriftliche Briefe. Ebenso wie ihre Vorgänger enthielten die elektronischen Nachrichten in der Regel nämlich Gruß- und Abschiedsformeln, einleitende Elemente und oft auch einen Schlussteil.
Bei der via Mail verbreiteten Romantik unterscheidet Eva Lia Wyss grundsätzlich zwischen Flirt- und Liebeskorrespondenzen. Flirtkorrespondenzen entstehen meist im Anschluss an das gemeinsame Kennenlernen in Chats oder Singlebörsen. Liebeskorrespondenzen setzen dagegen eine gegenseitige persönliche Bekanntschaft voraus, die durch das Schreiben vertieft wird. Es handelt sich beim Absender und Adressaten also beispielsweise um ein Paar, das räumlich getrennt ist. Mithilfe des Mail-Verkehrs soll der Kontakt dennoch aufrechterhalten werden. „Flirten per E-Mail ist auch eine Form der sprachlichen Beziehungsgestaltung“, meint Professorin Wyss.
Lernen von George Clooney
Dass Amor seinen Pfeil per Mail direkt ins Ziel schießen kann, hat übrigens kein Geringerer als George Clooney bewiesen. Als der Schauspieler Amal Alamuddin den Hof machte, zeigt diese sich zunächst völlig unbeeindruckt von seinem Charme und verweigerte die Herausgabe ihrer Telefonnummer. Clooney blieb jedoch am Ball und konnte immerhin einen Teilerfolg verbuchen – Alamuddin gab dem Hollywood-Star ihre E-Mail-Adresse. Nicht ohne eine gewisse Portion Selbstironie teilte Clooney der Dame schließlich über das Internet seinen Wunsch nach einem Date mit: „Ich denke, der angeblich heißeste Mann der Welt und die heißeste Menschenrechts-Anwältin der Welt sollten sich treffen.” Das Ende ist bekannt. Der notorische Junggeselle und die hübsche Juristin sind inzwischen verlobt. Demnächst wird in Italien geheiratet…